Menschen mit Multiple Sklerose - Gesichter einer Krankheit
September 1, 2009Menschen mit Multiple Sklerose - Gesichter einer Krankheit
Gedanken zu den Portraits zur Vernissage des Kunst am Bau Projekts
Vor 10 Jahren habe ich Multiple Sklerose kennengelernt.
Ich realisierte für forte, der Zeitschrift der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft, mein erstes fotografisches Portrait einer MS-Betroffenen. Ich hab gesehen wie tief die Krankheit in einen bis dahin selbstverständlichen Alltag einer Künstlerin eingriff.
Mittlerweile sind über 30 weitere Portraits entstanden und mit jedem Menschen, den ich so kennenlernte, wurde auch für mich Multiple Sklerose ein wenig sichtbarer.
Die Krankheit hat viele Gesichter.
Zum Beispiel das von Simon Galler, einem jungen Mann, MS seit seiner Kindheit, schwer behindert, im Rollstuhl, seiner Sprachgabe beraubt, jedoch fähig mit seinem Lachen seine ganze innere Welt zu schenken.
Oder das Gesicht von Brigitte Rüegg, einer jungen kreativen Frau, Handy-Fans ken-nen sie. Diagnose MS mit 25 Jahren. Eine damals fürs blosse und schnelle Auge gesunde Frau. Doch nach zwei MS-Schüben in den beiden Jahren zuvor ist der Schatten über der Zukunft riesengross.
Da ist auch Markus Stettler, über 60 Jahre alt, lebt seit 20 Jahren mit MS und seit 15 Jahren im Heim. Mit seinem Berner „Gring“ kämpft er sich fürs Foto die Stufen hoch, das Gesicht schmerzverzerrt, der Körper schwankend, das Treppengeländer klam-mernd. Er sagt, dank Therapie schafft er jetzt doppelt so viele Stufen.
Oder Roger Seiler. Mitte 30. MS machte ihm den Körper steif, bewegungslos, trinkt mit Trinkhalm. Schelm, der er ist, sitzt mit T-Shirt im Rollstuhl, kolportiert seine körperliche Faulheit. Sein Kopf jedoch, schnell und klar.
Ich war in diesen Jahren oft tief beeindruckt von der Art und Weise wie MS-Betroffene mit ihrer Krankheit umgehen, wie offen sie von ihrem Alltag mit der Krankheit erzählten oder was sie meinem fotografischen Blick zeigten. Mit diesem offenen Austausch verdichtete sich auch mein Bild von der Multiple Sklerose. Und - nicht nur nebenbei - habe ich viele tolle Menschen kennengelernt.
Tres Camenzind, im September 2009